Seit Covid-19 sind Reisen in alle Welt stark eingeschränkt oder sogar verboten. Der Tourismus hat sich extrem stark verändert. Aber wie war es damals vor etwa 100 Jahren zu reisen? Gibt es Vergleiche, Parallelen, Unterschiede im Leben der Menschen damals und heute? Wie sehr können wir uns glücklich schätzen, dass wir heute leben und nicht damals? Oder ist es gerade genau anders herum?

So kam mir die Idee, einmal zu reflektieren, wie es in der Zeit um 1920 war.

Eine Zeitreise
Eine Zeitreise
Wappen Deutsches Reich, Reichsadler
Wappen Deutsches Reich, Reichsadler; © David Liuzzo

1918. Ende des Ersten Weltkriegs

Beginnen wir abseits des Themas Reisen vor 100 Jahren und schauen uns die geschichtlichen Gegebenheiten etwas genauer an. Es war der 11. November 1918 als der Erste Weltkrieg für Deutschland und die anderen Kriegsmächte zu Ende ging. Die Unterzeichnung des Waffenstillstands in Compiègne, Frankreich, endete eine Zeit der Kriegsgräuel für alle beteiligten Länder. Beinahe 9 Millionen umgekommene Soldaten und ca. 6 Millionen Zivilisten. Ein Jahr davor tobte die große Oktoberrevolution in Russland und brachte die Bolschewiki an die Macht.

Dann folgte 1919 der Vertrag von Versailles: Die Schuld wurde dem Deutschen Reich und Österreich-Ungarn zugesprochen, wodurch die Verpflichtung entstand, den Siegermächten Gebietsabtretungen und hohe Reparationszahlungen zu leisten. Das deutsche Reich verlor alle Ländereien östlich von Oder und Neiße, also Pommern, Schlesien und Ostpreußen. Dazu kamen noch die Stadt Danzig, sowie Stettin und Swinemünde mit Umland.

Kaiser Wilhelm II und Generäle
Kaiser Wilhelm II und Generäle

Weimarer Republik und soziale Freiheiten

Mit dem Sturz des Kaisers und der Monarchie und dem Beginn der Weimarer Republik kam das Recht auf bezahlten Urlaub für die arbeitende Klasse.

Urlaub sollte vor allem der Erholung dienen und war auf drei bis 14 Tage im Jahr beschränkt – abhängig von der Betriebszugehörigkeit. Von Reisen war dabei vor 100 Jahren noch mit keinem Wort die Rede.

Dieser sozialen Neuerung stand allerdings eine unvorteilhafte Entwicklung entgegen: Hyperinflation.

Kaiser Wilhelm
Kaiser Wilhelm

Bereits gegen Ende des Ersten Weltkrieges begann in Deutschland die Hyperinflation, die bis 1924 anhielt.

Dadurch schmolzen die Ersparnisse der Deutschen vor 100 Jahren in sich zusammen und reisen wurde für die allermeisten Menschen, ob arm oder reich fast unmöglich.

Mit den steigenden Preisen rückten ganz andere, existenzielle Probleme in den Vordergrund.

10.000 Mark Hyperinflation
10.000 Mark Hyperinflation

Inflation damals und heute

Damals in den Zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts war Deutschland nicht Teil eines Länderbundes wie heute in der Europäischen Union mit einer global vernetzten Wirtschaft, sondern auf sich allein gestellt. Soziale Spannungen und nationale Unruhen nahmen zu.

Heute dagegen ist die Inflationsgefahr relativ gebannt, mindestens ist sie in den letzten 20 Jahren vergleichsweise konstant geblieben. Dies könnte sich durch steigende Schulden und Billionen schwere Hilfsprogramme vielleicht auch bald ändern. Die Lockdowns 2020 und 2021 haben weltweit für einen Einsturz der Märkte gesorgt, die nur noch durch enorme wirtschaftspolitische Hilfspakete abgemildert werden können.

Global vernetzte Weltwirtschaft
Global vernetzte Weltwirtschaft
Zentralbild Revolution 1918/19 in Deutschland Berlin 1919 Konterrevolutionäre Truppen unter dem Befehl von Oberst Wilhelm Reinhard in der Straße “Unter den Linden”. 823-19 (Quelle: Bundesarchiv / CC-BY-SA 3.0)

Die Spanische Grippe, eine Pandemie

Nicht nur die Auswirkungen des Krieges machten die Zeit um 1920 zu einer schweren Zeit. Zur gleichen Zeit breitete sich die Spanische Grippe aus, mit der das Coronavirus in manchen Nachrichten verglichen wird. Dies liegt vor allem an der Ähnlichkeit, dass auch die Spanische Grippe sich weltweit verbreitete und auch schon damals eine Maskenpflicht notwendig machte.

Die spanische Grippe forderte 50 Millionen Tote und war zahlenmäßig die größte Pandemie nach der Pest von 1346. Im Unterschied zu heute betraf sie vor allem Kinder und junge Erwachsene.

Die Zwanziger Jahre in Deutschland, Lohnsklaverei und Demokratie

Mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Demokratie gab es in der Weimarer Republik nach dem Ende des Kaiserreiches mehr Möglichkeiten für das ganze Volk.

Reisen blieben dennoch Luxus. Der arbeitenden Bevölkerung war es unmöglich, größere Reisen zu unternehmen. Das lag vor allem auch an den niedrigen Löhnen und einer durchschnittlichen Arbeitszeit von ca. 10 Stunden pro Tag, oder noch höher bei einer Sechs-Tage-Woche!

Die Wirtschaft der Weimarer Republik war durch die notwendige Wiedergutmachung des Ersten Weltkriegs und die Auswirkungen der Spanischen Grippe somit stark belastet.

Zwar besaß die Bevölkerung durch die Veränderungen in der Verfassung rechtlich mehr Freiheiten, aber diese Freiheiten konnten sich noch nicht entfalten.

Soziale Unruhen erschütterten die junge Republik.

Bundesadler Weimarer Republik
Bundesadler Weimarer Republik; © David Liuzzo
Die Brigade Ehrhardt besetzt während des Kapp-Putsches Berlin, 1920. (Quelle: Bundesarchiv / CC-BY-SA 3.0)

Vergleich zu heute

Doch das Deutschland von 2020 ist vor allem durch die Auswirkungen durch das Virus und nicht durch die Auswirkungen der Folgen eines direkten Krieges betroffen.

Im Vergleich zu damals gibt es im Jahr 2020 allerdings ebenfalls Einschränkungen von Freiheitsrechten im öffentlichen Leben. Durch die digitalen Kommunikationsmöglichkeiten und die Erfolge auf medizinischer Basis sind aber die Reaktionsmöglichkeiten weitaus schneller als bei der Spanischen Grippe damals. Dazu gehören vor allem auch der innerhalb kurzer Zeit durchgeführte Lockdown, die Testprogramme und schnelle Impfmaßnahmen, die es damals keineswegs gab.

Aussicht in die Zukunft

Auch wenn sich 1920 und 2020 natürlich nicht direkt gegenüberstellen lassen, so sind die Spanische Grippe und die Corona-Pandemie dennoch ähnlich einschneidende Ereignisse. Mit Viren, die sich weltweit ausbreiteten und enorme Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft haben und hatten.

Wohl weil wir die Ereignisse der folgenden Jahrzehnte des vergangenen Jahrhunderts kennen, werden die meisten von uns froh sein, nicht vor 100 Jahren gelebt zu haben.

Aber es ist gut, die Zeiten vergleichen zu können, um zu wissen, welche Vorteile wir heute genießen.

Das öffentliche Leben in Deutschland heute, München
Das öffentliche Leben in Deutschland heute, München

Was meinst du? Wäre es besser im Jahr 1920 zu leben, oder doch lieber heute?

Luka


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Artikel aktualisiert am 23. März 2022

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