Kreuzfahrtlektor Axel C. Brüggemann, Interview Fortsetzung Teil IV

In den letzten Jahren haben wir darüber berichtet, wie man Kreuzfahrtlektor wird, welche Voraussetzungen notwendig sind und welche Eigenschaften man für diesen Beruf mitbringen muss. Axel C. Brüggemann, der schon viele Jahre auf Kreuzfahrtschiffen von Hapag-Lloyd Cruises und AIDA gefahren ist, kennt sich bestens in der Branche aus und hat uns in den Interviews I, II und III intensiv von seinen Erfahrungen erzählt.

Hier folgt nun das vierte Interview, das wir nach der langen Pause der Coronapandemie mit ihm über die Veränderungen, die diese globale Krise mit sich brachte, und seine Pläne in den nächsten Jahren, geführt haben.

Hallo, lieber Axel, wie hat sich die Pandemiepause auf Deine Arbeit und die Engagements ausgewirkt?

Bei den Kreuzfahrten war im Grunde genommen gute zwei Jahre lang absoluter Stillstand. Nach der Pandemie wurden zwar immer wieder Reisen angeboten, aber bis heute muss man mit kurzfristigen Absagen rechnen. Es dauert wohl noch etwas, bis bei den Kreuzfahrten wieder die gewohnte Kontinuität einkehrt und auch weltweite Fahrtgebiete angelaufen werden können, ohne dass immer wieder Häfen herausgenommen werden oder ganze Umroutungen stattfinden. Ich hoffe doch sehr, dass ich im Frühjahr 2024 wieder nach Ost- und Südostasien reisen kann.

Deine Arbeit ist nicht nur ausschließlich auf den Beruf des Kreuzfahrtlektors beschränkt, Du bist auch Inhaber und Spiritus Rector – die treibende Kraft – im Weltkulturverlag. Wie hat sich die Pandemie auf den Weltkulturverlag ausgewirkt?

Für den Weltkultur Verlag kam die Pandemie wie ein Paukenschlag, denn die ersten Bücher und Ideen bezogen sich auf ganz neue Arten von Reiseführern und auf Reiseliteratur. Hier musste ich das Portfolio neu ausrichten.
Der Start mit der MINT-Themenbuchreihe „Die Abenteuer im Magischen Labyrinth“ für Kinder ab sieben Jahren läuft jedoch fantastisch. Es ist – neben dem normalen Verkauf – mittlerweile auch in mehreren Stadtbibliotheken erhältlich oder bereits an vielen Schulen – so auch in Kürze an allen 140 Grundschulen in München. Das Buch trifft den aktuellen Zeitgeist und Diskurs, indem es neben „Wissenschaft für ALLE“ auch Themen wie Kultur, Verständigung, Diversität, Freundschaft sowie soziale Kompetenz behandelt.

Wie lief es bei Deinem dritten Standbein, im Biotechnologiebereich?

Für meinen Biotechnologiebereich hat sich zum Glück nicht sehr viel geändert, außer dass nun mehr Homeoffice dazugekommen ist. Dies kommt mir jedoch sehr entgegen.

Der große Profiteur der Pandemie ist allerdings mein Hund. Für ihn war viel Zeit vorhanden für Zuneigung und die beste Ausbildung ever! Ich denke, wir alle haben dies sehr genossen.

Bücher der MINT Themenbuchreihe

Spürst Du veränderte Reaktionen bei den Leuten ganz allgemein und im Besonderen bei den Vorträgen nach der Covidpause?

Sehr viele Menschen sind einfach nur dankbar und glücklich, wieder Reisen zu können. Sie genießen dies sehr.
Bei einigen habe ich jedoch auch das Gefühl, sie müssen die zurückgewonnene „Normalität“ erst wieder genießen lernen. Viele bleiben zurückgezogen und/oder sind in kleinen Kreisen unterwegs. Ich sehe da ganz unterschiedliche Reaktionen.

Haben sich Deine Vorträge auch verändert?

Meine Vorträge haben sich nicht geändert – Qualität und Stil sind gleichgeblieben. Ich bleibe meinem Motto treu: „Wissen muss nicht wehtun!“. Und es verspricht auch weiterhin heiteren Tiefgang.
Allerdings konnte ich feststellen, dass sehr viele Gäste einfach nur dankbar sind für gute, niveauvolle Vorträge mit einer schönen Prise Leichtigkeit und Humor. Auch hier passt der Tenor: „Wissenschaft für ALLE!“.

Wie interaktiv sind Deine Zuschauer? Stellen sie viele Fragen? Unterbrechen sie die Vorträge? Gehst Du auch nach einem Vortrag auf Fragen und Anregungen Deiner Zuschauer ein?

Meine Zuschauer sind sehr aufmerksam. Viele Gäste schreiben während der Vorträge mit; ich bin immer ganz fasziniert von den detaillierten Aufzeichnungen, die mir manchmal gezeigt werden. Das ist wundervoll. Dies zeigt mir auch, dass viele Gäste ganz nah am Thema sind und sich für das Vorgetragene wirklich interessieren.
Zwischenfragen gibt es zwar, aber doch eher selten. Ich stehe auf einer erhöhten Bühne recht weit vom Publikum entfernt. Zwischenfragen der hinteren/oberen Reihen können mich akustisch nicht erreichen.
Wenn es eine interessante Frage aus den vorderen Reihen an mich gibt, wiederhole ich diese Frage für alle durch mein Mikrofon und beantworte sie. Ansonsten wissen die Gäste, dass ich nach meinem Vortrag grundsätzlich alle individuellen Fragen beantworte – ich nehme mir hier ausreichend Zeit. Das kann durchaus eineinhalb Stunden in Anspruch nehmen. Aber dafür bin ich ja an Bord.
Wenn es eine richtig gute Frage von Gästen ist, nehme ich diese mit in den nächsten Vortrag und beantworte sie ausführlich (teilweise mit Bild- und/oder Kartenmaterial). Das macht die Vorträge dynamisch und schließlich profitieren alle davon – Gäste wie Lektor.

In den letzten 22 Jahren als Kreuzfahrtlektor wurden meine Vorträge durch unqualifizierte Zwischenrufe nur wenige Male unterbrochen. Es kommt also eigentlich nicht vor.
In diesem Fall bleibe ich ruhig und gelassen. Da ich stets gut vorbereitet bin, verliere ich nie meinen roten Faden. Selten lohnt es sich, auf diese Art der Zwischenrufe einzugehen und sie durch meine Aufmerksamkeit auch noch aufzuwerten.
Teilweise klären die Zuschauer diese Situation sogar unter sich, und in seltenen Fällen greife ich von der Bühne aus ein. Dann bleibe ich zwar grundsätzlich sachlich, aber doch auch sehr bestimmt. Zum Glück bin ich recht schlagfertig und weder auf den Mund noch auf den Kopf gefallen.

Wie sind Deine nächsten Pläne? Hast Du schon Termine für dieses und die kommenden Jahre?

Ich war 2023 bereits ca. 5 Wochen auf einem Weltreiseteilstück von Sydney nach Kapstadt in Südafrika unterwegs. Anschließend bin ich noch ein paar Tage in der wunderwaren Stadt am Kap geblieben – ein absolutes Muss wie ich finde!
Meine nächsten Reisen in Südafrika und Namibia wurden leider abgesagt. Das Schiff, welches die Fahrten unternommen hätte, wurde verkauft. Daher bin ich 2023 nicht noch einmal zur See gefahren.
Allerdings hoffe ich, dass ich im Frühjahr 2024 wieder in Asien unterwegs sein kann. Reisen für den Herbst 2024 stehen noch nicht fest. Ich denke, hier beginnt die Planung erst nachdem sich die Nebel gelichtet haben.
Es wäre schön, wenn ich wieder in den Rhythmus kommen könnte, zwei Mal pro Jahr für ein paar Wochen als Kreuzfahrtlektor® auf Reisen gehen zu können.

Gehst Du manchmal auch in einer gemeinsamen Aktion mit anderen Lektoren oder Künstlern / Standup Comedians auf die Bühne? Mit welchen?

Ich stand tatsächlich schon mit anderen Lektoren gemeinsam auf der Bühne – z.B. mit Gerrit Aust. Zusammen mit Gerrit habe ich für AIDA Brasilien bereist.
Das war spannend: Zwei – eigentlich getrennt voneinander agierende Lektoren – gemeinsam auf der Bühne. Und auch von der Brücke aus haben wir zusammen interessante Passagen für die Gäste kommentiert. Ich glaube, das war für die Gäste sehr unterhaltsam, denn wir haben uns wunderbar ergänzt und uns immer wieder verbal Bälle zugespielt.
Normalerweise gibt es nur zwei Lektoren in einem Vortrag, wenn dies von vorneherein ein Duo ist.
Natürlich laden viele Reedereien oft mehrere Lektoren gleichzeitig an Bord ein (z.B. bei Expeditionsreisen), aber man kommt eher nacheinander auf die Bühne, und jeder hat seinen eigenen Part sowie Schwerpunkt.

Einige Schauspieler und Comedians (die meine gleiche Frisur tragen – nämlich keine) haben meine Vorträge anmoderiert. Wir wurden während einer Kreuzfahrt immer wieder verwechselt. Ähnlich sehen wir uns nicht, es war einfach nur die fehlende Haarpracht, die uns visuell verband.
Auf diese Idee sind wir gekommen, weil ein Comedian auf einem Ausflug in einer asiatischen Stadt nach einem buddhistischen Tempel befragt wurde, und er die Gäste mit folgenden Worten irritierte: „Es tut mir leid, ich habe keine Ahnung. Ich war noch nie in Asien“. Einfach herrlich!

Mit der Edutainerin Heike Holtz (Edutainment = Education + Entertainment) konnte ich recht spontan einen Vortrag über Körpersprache gemeinsam halten. Der Gedanke dazu kam uns erst auf der Reise. Wir sind beide Experten in Körpersprache. Es wurde sehr informativ und gleichzeitig auch wirklich unterhaltsam; nach kurzer Zeit hatten wir im offenen Theatrium auf der AIDAbella mehr als 1000 Zuschauer. Es ist einfach wunderbar zu sehen, was alles möglich ist, wenn man zusammenarbeiten will.

Kannst Du Dir vorstellen, andere Formen der Unterhaltung für die Zuschauer auszuarbeiten, z.B. in Form einer Quizreihe oder eines Rate-, Wettspiels? Wie ist Dein Ausblick für die nächste Zukunft?

Ja, kann ich mir vorstellen! Ich habe bereits Modeshows für verschiedene Boutiquen an Bord moderiert. Zusätzlich war ich bei unzähligen Äquatortaufen, Polarkreistaufen, bei Halloween sowie beim Offiziers-Shaken (Wettbewerb im Cocktail-Shaken) usw. dabei. Bei den Taufen spielte ich meistens die Rolle des Astronomus.

Ein paar Mal moderierte ich Talkshows an Bord, war mehrmals Jurymitglied bei „Voice of the Ocean“, moderierte „Wer wird Millionär?“ und in einer Gesangsshow stand ich als 007 James Bond (als Statist) mit auf der Bühne.

Und je älter ich werde, desto häufiger muss ich nun Reden halten … wahrscheinlich liegt das in der Natur der Sache. Ich bleibe neugierig!

Reiseanfrage

betravel Reiseredaktion

Artikel aktualisiert am 15. April 2024