Welches Kreuzfahrtschiff ist das schönste? Welche Leistungsvorgaben gibt es als Arbeiter an Bord? Wie vermeidet man Langeweile an Bord und wie läuft denn eigentlich alles an Bord? Auch im zweiten Teil unserer Interviewserie zum Leben und Arbeitsalltag an Bord der deutschsprachigen Kreuzfahrtschiffe widmen wir uns interessanten Fragen rund um das Thema Kreuzfahrt. Unser Gast, der Kreuzfahrt-Lektor Axel C. Brüggemann, ist schon seit Jahren als Lektor unterwegs und referiert über ganz unterschiedliche Themen. Je nach Fahrtgebiet, Kontinent und Land. Falls Sie den ersten Teil des Interviews noch nicht gelesen haben, können Sie das hier nachholen.

Als Kreuzfahrtlektor unterwegs (> Teil 1)

Wie bereiten Sie Ihre Vorträge vor?

In einem Vortrag, der auf der Bühne ca. eine Stunde dauert, fließen Informationen aus verschiedenen Bereichen zusammen:

  1. Eigene Ortskenntnis und Informationen der örtlichen Reiseleiter aus Exkursionen und Landausflügen. Eine Kollegin und ich haben einfach mal errechnet, wie viele Landausflüge jeder von uns bereits unternommen hat: Es sind über 1500.
  2. Verschiedene Literatur wie historische und kunsthistorische Bände, Reiseführer, Reiseberichte, Magazine und auch mal Wikipedia, wenn es um Politik oder neue Einwohnerzahlen geht etc. Allerdings findet man immer wieder falsche Informationen auf Wikipedia, so dass ich es mit einiger Vorsicht genießen würde.
  3. Aussagefähiges Bildmaterial. Schön ist es, wenn man älteres und neues Bildmaterial besitzt. So lassen sich Entwicklungen im Vortrag aufzeigen. Ich verwende ca. 150 Bilder pro Vortrag.

Anschließend überlegt man sich einen roten Faden, der sich durch den gesamten Vortrag zieht, mit einem „Eisbrecher“ als Einleitung, dem Hauptteil mit echtem Spannungsbogen sowie einem emotionalen Schlussteil (meist eine Geschichte oder Anekdote, die den Vortrag abrundet und an die sich die Gäste gerne erinnern).
Insgesamt steckt in einem Vortrag sehr viel Arbeit, Information und Erfahrung.

Reiseleiter und Lektor Axel C. Brüggemann

Ist es nicht langweilig, immer über das Gleiche zu berichten?

Ich fahre mittlerweile auf allen Kontinenten als Bordlektor und schöpfe aus über 250 verschiedenen Vorträgen. Ich finde es daher ganz angenehm, wenn sich mal etwas wiederholt. Hinzu kommt, dass Vorträge dynamisch sind und stetig wachsen; Städte, Länder, Landschaften verändern sich, oder man hat neue Informationen sowie neues oder schöneres Bildmaterial.
Es kann außerdem nicht schaden, Vorträge öfter zu halten. So werden sie professioneller, runder – Ecken und Kanten, die man entdeckt, werden abgeschliffen. Dies macht sie lebendiger, emotionaler, weil mehr Zeit und Energie bleibt, auf seine Körpersprache zu achten. Man spricht beim Publikum von Lese-, Seh- und Hörenergie. Mit diesen Energien muss sehr sorgsam umgegangen werden. Ist eine der Energien beim Publikum verbraucht, bezeichnet man den Vortrag als „verloren“.
Mein Motto lautet: Wissen muss nicht wehtun! Daher bin ich ein absoluter Fan der freien Rede und achte auf heiteren Tiefgang. Dies bedarf zwar einiger Übung und ausgiebiger Vorbereitung, aber der Nutzen ist enorm. Komplett abgelesene Vorträge sind einfach nicht mehr zeitgemäß.

Bilden sie sich stets fort – und wenn ja, wie?

Ich bin ein Anhänger lebenslangen Lernens – das hält fit und schützt nebenbei vor Vorurteilen. Ich reise viel, ich lese viel und genieße es, Neues im Alltag oder in einem Fahrtgebiet zu entdecken und zu erleben. Ich schaue sehr selten fern – ich empfinde dies irgendwie als unterschiedlich unwichtig.
Ich habe vor langer Zeit ein Zitat von Albert Einstein gelesen, dort sagt er: „Ich habe keinerlei Begabung. Das Einzige, das ich besitze, ist Neugierde. Dies ist mein Motor und bringt mich dort oft weiter, wo andere an einem gewissen Punkt bereits aufgegeben haben“. Das fand ich so inspirierend, dass ich es mir nicht nur auf die Fahne geschrieben habe, sondern es auch auf die Bühne bringe. Mein letzter Satz meines Vortrages ist daher seit gut 17 Jahren: „Bleiben Sie neugierig!“.

Axel Brüggemann Weltkultur Verlag
Axel Brüggemann Weltkultur Verlag

Wie lange werden Sie noch als Lektor fahren?

Solange wie man mich lässt! Damit meine ich nicht nur die Reedereien, sondern auch die Gesundheit. Ich hoffe, dass ich noch viele, viele Jahre als Kreuzfahrtlektor mein Unwesen treiben kann.

Seit einiger Zeit ist Kreuzfahrtlektor® eine geschützte und eingetragene Wort und Wort-Bild Marke beim Deutschen Patent und Markenamt. Ich freue mich darauf, mit meiner Marke die „Sieben Weltmeere“ so lange wie möglich zu bereisen.

In der Pandemie waren Kreuzfahrten nur selten bis gar nicht möglich. Diese Zeit hat mir nochmals gezeigt, wie sehr ich diese kulturellen Kreuzfahrten schätze. Ich beobachte auch ein immer größeres Umweltbewusstsein bei vielen Reedereien und auch bei den Gästen. Das macht mir große Freude, denn die Kreuzfahrtbranche ist hier nicht ohne Kritik, aber auf einem guten Weg.

Bleibt Ihnen genügend Zeit, um anderen Interessen/Hobbies nachzugehen?

Ich habe das Glück, dass gerade das Reisen, Lesen und Lernen meine Hobbies sind. Doch für Hund, Sport, Kulinarisches und selbst Tomaten auf der Terrasse bleibt auch Zeit. Der Mix, den ich zzt. als Lab & Product Manager, Verleger und Kreuzfahrtlektor arbeite und lebe, macht dies sehr gut möglich.

Die fünf Jahre, die ich fast nur als Kreuzfahrtlektor gearbeitet habe, möchte ich nicht missen – es war eine tolle Zeit. Aber im Moment fühle ich mich in dem Zusammenspiel aus Naturwissenschaften und Geisteswissenschaften sehr wohl.

Haben Sie bestimmte Vorgaben von den Reedereien, die Sie erfüllen müssen? Oder freie Hand bei den Vorträgen?

Als Lektor ist man Teil des Schiffslebens und so ergeben sich Vorgaben, die jedoch eher rein technischer Natur sind. Es gilt, Ort, Zeit und Länge der Vorträge in den Tagesablauf einzupassen. Natürlich müssen die Vorträge zum Fahrtgebiet passen. Auf den Inhalt bezogen kenne ich keine Reederei, die Vorgaben macht – der Lektor ist schließlich der Experte.

Die Erwartung ist, dass die Vorträge gut besucht sind und von den Gästen angenommen werden. Bei ständig leeren Sälen wird es allerdings kompliziert.

Welche Unterschiede der einzelnen Schiffe fallen Ihnen besonders auf?

Hinter jeder Schiffsflotte einer Reederei steckt ein Konzept: Seien es nun Luxuskreuzfahrten, Expeditionsschiffe, Flussschiffe oder Schiffe mit Clubcharakter usw.. Ich bin mir sicher, dass es für jeden das passende Kreuzfahrtschiff gibt. Es werden auch Reisen angeboten, die unter einem ganz besonderem Thema stehen – Themenreisen mit Schwerpunkten wie Architektur, UNESCO, Wein, Kulinarisches, Sport & Wellness, Ayurveda etc. Das Angebot wird stetig größer.

betravel Reiseredaktion

Wir möchten uns an dieser Stelle noch einmal bei Axel C. Brüggemann und dem Weltkultur-Verlag für das Interview und den Einblick in das Leben eines Kreuzfahrtlektors bedanken.

Robin Raymann

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Artikel aktualisiert am 31. Januar 2024

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